Beim Auto­kauf zäh­len Assis­tenz­sys­te­me, die für mehr Sicher­heit sor­gen, Ener­gie spa­ren und der Behag­lich­keit die­nen, zur Grund­aus­stat­tung. Wird nun auch das durch­au­to­ma­ti­sier­te Heim, das „Smart Home“, zum Stan­dard?

In jedem Haus­halt gibt es  Din­ge, die sich ein- und aus­schal­ten las­sen: Leuch­ten, Lich­ter und Lam­pen, Fern­se­her und Com­pu­ter, Wasch­ma­schi­ne und Geschirr­spü­ler, Hei­zung und elek­tri­scher Tür­öff­ner. Dazu kom­men oft noch Kli­ma­an­la­ge, elek­trisch betrie­be­ne Jalou­sien, auto­ma­ti­sche Lüf­tung oder Saug­ro­bo­ter.

In vie­len Fäl­len müs­sen die­se Schal­ter und Reg­ler nicht mehr von Hand betä­tigt wer­den – die Rege­lungs­me­cha­nis­men sind auto­ma­ti­siert. Die Raum­heizung ist mit einem Ther­mo­stat ver­bun­den der ent­spre­chend der Raum­tem­pe­ra­tur die Wär­me­be­reit­stel­lung regelt. Kühl­schrän­ke hal­ten selbst­tä­tig die kon­stan­te Tem­pe­ra­tur im Inne­ren. Auch bei Wasch­ma­schi­ne, Geschirr­spü­ler oder Mikro­wel­len­herd ist auto­ma­ti­sche Steue­rung die Regel. Das ist kom­for­ta­bel, und es kann hel­fen, Ener­gie zu spa­ren.  Aber es ist noch nicht das, was man unter einem  „Smart Home“ ver­steht.


Das Haus lernt zu kom­mu­ni­zie­ren
„Das Wesent­li­che an einem Smart Home ist die Ver­net­zung“, erklärt der Spe­zia­list für Gebäu­de­au­to­ma­tis­a­ti­on  Fried­rich Praus vom FH Tech­ni­kum Wien. In einem Smart Home kom­mu­ni­zie­ren die Din­ge mit­ein­an­der. Ein Bei­spiel dafür ist die wet­ter­ab­hän­gi­ge Steue­rung der Beschat­tung. Eine Wet­ter­sta­ti­on und ein Tem­pe­ra­tur­füh­ler mes­sen den Bede­ckungs­grad des Him­mels, die Licht­in­ten­si­tät und die Innen­raum­tem­pe­ra­tur. Die­se Daten wer­den von einer Rechen­ein­heit mit­ein­an­der ver­knüpft und auf Basis die­ser Berech­nung wer­den die Jaloui­sen auf- oder zuge­zo­gen. Es wird also nicht nur ein Pro­gramm abge­spult, son­dern die Rechen­ein­heit „ent­schei­det“ auf Grund der Daten, die ihr von den Sen­so­ren zur Ver­fü­gung gestelt wer­den.


Kon­trol­lier­te Luft­qua­li­tät
Ein ande­res Bei­spiel ist die kon­rol­lier­te Luft­qua­li­tät. Unse­re Atem­luft ent­hält im Frei­en etwa 400 ppm CO2 (ppm: parts per milion/Anteile pro Mil­li­on –  also etwa 4 %) Wenn wir atmen, ver­bren­nen wir unent­wegt Sau­er­stoff zu CO2. Das ist im Frei­en unbe­denk­lich. In einem gut gedämm­ten Haus ist ein unbe­grenz­ter Luft­aus­tausch aller­ding nicht so ohne wei­ters gege­ben. Ohne Lüf­ten rei­chert sich die Raum­luft mit CO2 an. Steigt der Anteil auf über 1.000 ppm, führt das für die Bewoh­ner zu Beein­träch­ti­gun­gen der Kon­zen­tra­ti­ons­fä­hig­keit, bei noch höhe­ren CO2-Wer­ten kön­nen wei­te­re Beschwer­den auf­tre­ten.  Bei einer Belas­tung von 1.400 ppm CO2 spricht man von nied­ri­ger Raum­luft­qua­li­tät. 6000 ppm CO2  gel­ten als gesund­heit­lich bedenk­lich.


Für eine gesun­de Raum­luft ist also regel­mä­ßi­ger Luft­aus­tausch not­wen­dig. Regel­mä­ßi­ges manu­el­les Lüf­ten ist aber nicht immer mög­lich, vor allem nicht wäh­rend der Nach­stun­den. Zudem besteht die Gefahr, dass bei „Lüf­ten nach Gefühl“ erst dann die Fens­ter geöff­net wer­den, wenn die Raum­luft schon merk­bar schlecht gewor­den ist.


Bei einer Kom­fort­lüf­tung ist die Lüf­tungs­au­to­ma­tik mit einer Wet­ter­sta­ti­on mit Innen­sen­sor gekop­pelt. Innen­raum­tem­pe­ra­tur, Luft­feuch­tig­keit, Schall und Luft­qua­li­tät wer­den lau­fend gemes­sen und auf Basis die­ser Daten wird auto­ma­tisch der Luft­wech­sel gere­gelt. Die Fens­ter kön­nen dabei geschlos­sen blei­ben. Das ver­hin­dert, dass Raum­wär­me durch die offe­nen Fens­ter nach außen ent­weicht und die Lärm­be­las­tung im Wohn­raum bleibt gering – was einem erhol­sa­me­ren Schlaf sehr zuträg­lich ist.


So selbstbver­ständ­lich wie die Zen­tral­ver­rie­ge­lung beim Auto

Auto­ma­ti­sche Steue­run­gen die­nen nicht nur der Bequem­lich­keit. Wei­te­re Aspek­te sind die Mög­lich­keit, Ener­gie zu spa­ren, die Sicher­heit zu erhö­hen und den Bewoh­nern Hil­fe­stel­lung bei all­täg­li­chen Ver­rich­tun­gen zu bie­ten. Älte­ren und gebrech­li­chen Men­schen kann mit Hil­fe von „smar­ten“ Steue­run­gen der Haus- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­nik ein selbst­be­stimm­tes Woh­nen ermög­licht wer­den.
Für Hein­rich Strobl von Leg­rand Aus­tria, einem Spe­zia­lis­ten für Elek­tro­in­stal­la­ti­ons­ma­te­ri­al, führt in Zukunft kein Weg am „Smart Home“ vor­bei. Strobl ver­gleicht Smart-Home-Tech­no­lo­gie mit der Komfort­steigerung, die PKWs in den letz­ten Jahr­zehn­ten erfah­ren haben. Ser­vo­len­kung und Zen­tral­ver­rie­ge­lung waren vor vier­zig Jah­ren noch exklu­siv, teu­er und für vie­le Auto­käu­fer über­flüs­sig. Heu­te zäh­len Ser­vo­len­kung und Zen­tral­ver­rie­ge­lung zur Grund­aus­stat­tung jedes PKW. Mit Smart Home-Tech­no­lo­gie ver­hal­te es sich ähn­lich, so Strobl: Bei neu­ge­bau­ten Häu­sern sei sie Stand der Tech­nik. Ein Haus Smart-Home-fähig zu machen sei eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft, und die Zukunft kom­me oft schnel­ler als man glau­be.


Schnitt­stel­len: Smart Pho­ne und Sprach­steue­rung

Auto­ma­ti­sche Steue­rung bedeu­tet nicht, dass die Bewoh­ner die Kon­trol­le über ihr Heim auf­ge­ben. Es sind immer noch die Bewoh­ner des Hau­ses, die bestim­men, bei wel­chen Tem­pe­ra­tu­ren sich die Hei­zung ein­schal­tet, bei wel­cher CO2-Kon­zen­tra­ti­on eine Luft­wech­sel statt­fin­den oder wie hell die Beleuch­tung am Abend sein soll.


Dazu ist eine Schnitt­stel­le zwi­schen Mensch und Smart Home not­wen­dig. Die­se Schnitt­stel­le ist heu­te meist das Smart Pho­ne, das Tablet oder ein Bedien­element an der Wand. Zuneh­men wird auch Sprach­steue­rung ein­ge­setzt – zum Bei­spi­oel über digi­ta­le Assis­ten­ten wie „Alexa“,„Amazon Echo“, „Hal­lo Magen­ta“ oder ande­re Gerä­te ver­schie­de­ner Her­stel­ler.


Fix ver­ka­belt oder Funk­lö­sung
In einem Smart Home kom­mun­zie­ren Ver­brau­cher (Licht, Jalou­sien etc.) mit Sen­so­ren (Ther­mo­stat, Bewe­gungs­mel­der etc.). Das heißt, es muss eine Ver­bin­dung zwi­schen Ver­brau­chern und Sen­so­ren geben, über die Daten aus­ge­tauscht wer­den kön­nen. Die ein­fachs­te und stö­rungs­si­chers­te Metho­de ist eine Kabel­ver­bin­dung. In einem Neu­bau ist eine Smart-Home- fähi­ge Ver­ka­be­lung ohne grö­ße­re Mehr­kos­ten real­sier­bar, wenn man sie von Anfang an ein­plant.


Bei einem bestehen­den Gebäu­den ist die Sache nicht so ein­fach. Kabel zu ver­le­gen ist ohne grö­be­re Stem­mare­bei­ten meist nicht mög­lich, was die Kos­ten für die Ver­net­zung emfpind­lich in die Höhe treibt. Hier ist es oft güns­ti­ger, die ein­zel­nen Ele­men­te mit­tels  Funk­ver­bin­dun­gen zu ver­net­zen.


Funk­ver­bin­dun­gen — zum Bei­spiel über W‑Lan – haben aber einen gro­ßen Nach­teil: Sie sind nach außen hin „offen“. Hacker kön­nen in das Netz­werk ein­drin­gen und die Steue­rung über­neh­men. Mit einem draht­ge­bun­de­nen Sys­tem hat man die­ses Pro­blem nicht. Es ist in sich geschlos­sen.


Tech­ni­scher Stan­dard
Wenn zwei Men­schen mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren wol­len, brau­chen sie eine gemein­sa­me Spra­che. Bei ver­netz­ten Gerä­ten ist dies nicht anders. Sen­so­ren regis­trie­ren gewis­se Ver­än­de­run­gen ihrer Umwelt, zum Bei­spiel Ver­än­de­run­gen der Raum­tem­pe­ra­tur, des CO2-Gehalts  der Luft oder der Licht­in­ten­si­tät. Die­se Daten müs­sen von einer Rechen­ein­heit inter­pre­tiert wer­den, die ihrer­seits beim Über­schrei­ten gewis­ser Schwel­len­wer­te ein Signal an die „Ver­brau­cher“ sen­det. Die­ses Signal ist das Zei­chen für die „Ver­brau­cher“, in Akti­on zu tre­ten  – zum Bei­spiel die Jalou­sien auf- oder zuzu­zie­hen, das Licht ein­zu­schal­ten oder auf ein bestimm­tes Niveau zu dim­men. Vor­aus­set­zung ist, dass die­se Daten und Signa­le ver­stan­den wer­den. Dazu wer­den ein­heit­li­che tech­ni­sche Stan­dards für die Daten­über­tra­gung defi­niert.  Han­dels­üb­lcher Stan­dard ist das Daten­über­tra­gungs-Sys­tem KNX. Auf die­sen offe­nen Bus­sys­tem-Stan­dard haben sich über 500 Her­stel­ler von Smart Home-Lösun­gen geeig­net. Dies soll garan­tie­ren, das alle Gerä­te – auch Gerä­te unter­schied­li­cher Her­stel­ler – mit­ein­an­der feh­ler­frei kom­mu­ni­zie­ren kön­nen. Außer­dem soll damit sicher­ge­stellt wer­den, dass auch in 20 Jah­ren noch kom­pa­ti­ble Gerä­te erhält­lich sind. Bei der Neu­an­schaf­fung von Smart Home-Kom­po­nen­ten soll­te man des­halb dar­auf ach­ten, dass die­se dem Stan­dard KNX ent­spre­chen.


Um Funk­tio­na­li­tät und Sicher­heit auch bei Stö­run­gen zu gewähr­leis­ten, ist es wich­tig, dass bestimm­te Grund­funk­tio­nen auch direkt gesteu­ert wer­den kön­nen und dezen­tral funk­tio­nie­ren. Das heißt: Das Gerät muss auch dann zu kon­trol­lie­ren sein, wenn Sen­so­ren oder die zen­tra­le Steu­er­ein­heit aus­fal­len.


Hil­fe im All­tag
„Ambi­ent Assis­ted Living“  bedeu­tet sinn­ge­mäß „All­tags­taug­li­che Assis­tenz­lö­sun­gen für ein selbst­be­stimm­tes Leben“. Es bezeich­net Tech­ni­ken, die älte­re und behin­der­te Men­schen dar­in unter­stüt­zen, selbst­be­stimmt im eige­nen Haus­halt zu woh­nen –  ein The­ma, das in Hin­blick auf die demo­gra­fi­sche Ent­wick­lung in Zukunft immer wich­ti­ger wer­den wird. Ein ver­netz­ten Smart Home kann dazu bei­tra­gen, den gewohn­ten Lebens­stan­dard län­ger zu erhal­ten.


Für gebrech­li­che Per­so­nen kann bereits das  manu­el­le Öff­nen von Fens­tern oder das Her­un­ter­kur­beln von Jalou­sien ohne Hil­fe ein unüber­wind­ba­res Hin­der­nis sein. Es kann vor­kom­men, dass älte­re Leu­te „ver­ges­sen“ den Herd aus­zu­schal­ten oder das Licht abzu­dre­hen. Eine auto­ma­ti­sier­te Wohn­um­ge­bung kann dies erleich­tern bzw. aus­glei­chen. Zum Bei­spiel indem die Bewoh­ne­rIn­nen bestimm­te Funk­tio­nen über einen Tablet-Com­pu­ter steu­ern kön­nen. So kön­nen Fens­ter geöff­net und die Jalou­sien her­un­ter­ge­kur­belt wer­den, ohne dass die Bewoh­ne­rIn dazu das Sofa ver­las­sen muss. Auto­ma­ti­sie­rung kann auch  dafür sor­gen, dass sich der Herd nach einer gewis­sen Zeit auto­ma­tisch abschal­tet. Smart Home-Lösun­gen kön­nen aber noch mehr: Sta­tis­ti­ken zei­gen, dass die meis­ten Stür­ze von Senio­ren im Bade­zim­mer pas­sie­ren. Simp­le Bewe­gungs­mel­der kön­nen hier schwer­wie­gen­de Fol­gen ver­hin­dern. Sie regeis­t­rie­ren, ob sich eine Per­son im Bad befin­det. Falls die Per­son nach einer Stun­de – oder nach  einer ande­ren vor­her defi­nier­ten Zeit­span­ne – das Bad immer noch nicht ver­las­sen hat, wird auto­ma­tisch Alarm aus­ge­löst und Hil­fe geholt.n

Kei­ne Scheu vor der Tech­nik: Smart Home ver­bin­det Fami­li­en
Ein Pro­blem des Ambi­ent Assis­ted Living ist die man­geln­de Akzep­tanz der tech­ni­schen Hilfs­mit­tel. bei der älte­ren Bevöl­ke­rung. Senio­ren haben meist ihr Leben lang Fens­ter hän­disch auf- und zuge­macht und die Jalou­sien bedient. Sie sind es nicht gewohnt, die  Hil­fe einer auto­ma­ti­schen Steue­rung in Anspruch zu neh­men und leh­nen unter Umstän­den sogar ab, den Umgang mit einem Tablet-Com­pu­ter zu erler­nen.
Unter die­sen Umstän­den ist es wich­tig, als aller­ers­tes die Scheu vor dem Tablet zu neh­men. Das kann zum Bei­spiel dadurch gesche­hen, dass Senio­rIn­nen als ers­tes ler­nen Video­talks mit den gelieb­ten Enkeln zu füh­ren. Hier­bei steht der sozia­le Aspekt im Vor­der­gund, und die Senio­rIn­nen – auch wenn sie wenig tech­nik-affin sind – ler­nen ganz neben­bei, mit dem Tablet umzu­ge­hen. Dann sibnd sie auch eher geneigt,  das Tablet für ande­re Funk­tio­nen zu nut­zen –  etwa um vom Bett aus das Licht abzu­schal­ten.