In der Kli­ma- und Ener­gie­stra­te­gie der Mis­si­on 2030 sind Pho­to­vol­ta­ik­an­la­gen (im Fol­gen­den kurz „PV-Anla­gen“) ein wich­ti­ger Bestand­teil für das Ziel, den natio­na­len Gesamt­strom­ver­brauch mit erneu­er­ba­rer Ener­gie zu decken. Gera­de in dicht ver­bau­ten urba­nen Gebie­ten stellt die Instal­la­ti­on einer PV-Anla­ge auf den Dächern eine zukunfts­träch­ti­ge Stra­te­gie dar. Öffent­lich-recht­li­che Geneh­mi­gungs­pflich­ten und Beson­der­hei­ten des Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­set­zes müs­sen bei der Errich­tung einer PV-Anla­ge jedoch beach­tet wer­den.


Die Errich­tung einer PV-Anla­ge muss sowohl öffent­lich-recht­lich als auch
zivil­recht­lich zuläs­sig sein. Ob öffent­lich-recht­lich eine Geneh­mi­gung oder eine Anzei­ge bei der Behör­de erfor­der­lich ist, hängt von der Leis­tung der PV-Anla­ge ab. Für die zivil­recht­li­che Zuläs­sig­keit ist vor allem das Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­setz (WEG) zu prü­fen, sofern kein allei­ni­ges Eigen­tum an der Lie­gen­schaft besteht. Auch die Inter­es­sen von Nach­barn müs­sen in Aus­nah­me­fäl­len nach einer aktu­el­len OGH Ent­schei­dung beach­tet wer­den.

Öffent­lich-recht­li­che Zuläs­sig­keit
Die gesetz­li­chen Bestim­mun­gen vari­ie­ren je nach Bun­des­land. Bei­spiel­haft wird die Rechts­la­ge in den Bun­des­län­dern Wien, Nie­der­ös­ter­reich und Tirol dar­ge­stellt, wobei vor allem die jewei­li­gen Lan­des­ge­set­ze zur Elek­tri­zi­täts­wirt­schaft und zur Bau­ord­nung zu beach­ten sind. Die­se knüp­fen häu­fig an der Leis­tung der PV-Anla­ge an und bezie­hen sich dabei auf kW. Die für PV-Anla­gen rich­ti­ge Maß­ein­heit ist jedoch kWpeak bzw. kWp. weil die Leis­tung von PV-Anla­gen stark schwan­ken kann. kWp steht für die Höchst­leis­tung, die eine PV-Anla­ge unter den soge­nann­ten Stan­dard-Test­be­din­gun­gen erreicht und die im Daten­blatt der PV-Anla­ge aus­ge­wie­sen ist.

Situa­ti­on in Wien
In Wien bean­tragt man die Geneh­mi­gung einer PV-Anla­ge bei der MA 64 – Bau­rechts- und Grund­stücks­an­ge­le­gen­hei­ten in der Abtei­lung für Ener­gie. Eine Geneh­mi­gung ist gemäß § 5 des Wie­ner Elek­tri­zi­täts­wirt­schafts­ge­set­zes ab einer Leis­tung von 50 kWp not­wen­dig.

Unter der Leis­tungs­gren­ze von 50 kWp muss die Errich­tung einer PV-Anla­ge nur bei der Behör­de an-
gezeigt wer­den.


Unter einer Leis­tung von 15 KWp gilt eine Anla­ge als gänz­lich anzei­ge- und geneh­mi­gungs­frei, sofern sie hori­zon­tal mon­tiert ist und kei­nen Strom­spei­cher hat. PV-Kleinst­an­la­gen, auch Bal­kon-Gerä­te genannt, erfül­len grund­sätz­lich die­se Vor­aus­set­zun­gen. Eine Anbrin­gung am Bal­kon ist somit anzei­ge- und geneh­mi­gungs­frei, wenn die Leis­tung von 15 kWp nicht über­schrit­ten wird.

Zu beach­ten ist jedoch, dass in bestimm­ten Fäl­len nicht nur die Geneh­mi­gung der MA 64 son­dern auch der MA 37 nach der Wie­ner Bauo­rod­nung erfor­der­lich ist: Dies gilt vor allem für PV-Anla­gen an Gebäu­den mit einem Flucht­ni­veau von mehr als 11 m. Zusätz­li­che Hür­den fin­den sich noch für die Errich­tung einer PV-Anla­ge in Schutz­zo­nen, in denen beson­de­rer Wert auf die Erhal­tung des cha­rak­te­ris­ti­schen Stad­bil­des gelegt wird.

Situa­ti­on in Nie­der­ös­ter­reich
In Nie­der­ös­ter­reich unter­liegt eine Anla­ge mit einer Modul­spit­zen­leis­tung ab 1 MWp einer Geneh­mi­gungs­pflicht nach dem NÖ Elek­tri­zi­täts­we­sen­ge­setz. Liegt die Anla­ge unter die­ser Leis­tungs­gren­ze und wur­de sie von einem Fach­un­ter­neh­men errich­tet, ist sie geneh­mi­gungs­frei.
Eine zusätz­li­che Geneh­mi­gung nach der NÖ Bau­ord­nung ist not­wen­dig, sofern die Anla­gen in einer Schutz­zo­ne, in erhal­tungs­wür­di­gen Alt­ort­ge­bie­ten oder einem Gebiet mit einer Bau­sper­re errich­tet wer­den sol­len.

Bei einer PV-Anla­ge auf einer Frei­flä­che im Grün­land, die eine Leis­tung von mehr als 50 kWp besitzt, muss man zusätz­lich eine bau­li­che Bewil­li­gung ein­ho­len.

Situa­ti­on in Tirol
In Tirol sind PV-Anla­gen mit einer Leis­tung unter 50 kWp anzei­ge- und geneh­mi­gungs­frei.

PV-Anla­gen mit einer Leis­tung von 50 bis 250 kWp unter­lie­gen einer Anzei­ge­pflicht bei der Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­de.

Über­steigt die Leis­tung die Gren­ze von 250 kWp, muss die PV-Anla­ge bewil­ligt wer­den. Die Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­de ist bis zu einer Leis­tungs­gren­ze von 500 kWp und die Tiro­ler Lan­des­re­gie­rung bei einer höhe­ren Leis­tungs­gren­ze zustän­dig.

Eine bau­be­hörd­li­che Bewil­li­gungs­pflicht kann sich bei PV-Anla­gen mit einer Grö­ße von über 20 m² erge­ben, sofern die­se nicht schon bewil­li­gungs­pflich­tig nach dem Tiro­ler Elek­tri­zi­täts­ge­setz sind.

Zivil­recht­li­che Zuläs­sig­keit
Will man eine PV-Anla­ge errich­ten, so ist jedoch nicht nur der Behör­den­gang zu über­win­den. Vor allem im Woh­nungs­ei­gen­tum liegt die wah­re Hür­de in dem einen oder ande­ren Mit­ei­gen­tü­mer. Im Wei­te­ren ist zwi­schen drei Fäl­len zu unter­schei­den.

Ist man Allein­ei­gen­tü­mer einer gan­zen Lie­gen­schaft mit einer eige­nen Ein­la­ge­zahl im Grund­buch, so muss man rela­tiv wenig beach­ten. Ledig­lich eine Ent­schei­dung des Obers­ten Gerichts­hofs ist erwäh­nens­wert: Nach OGH 30.03.2016, 4 Ob 43/16a kann eine unüb­lich aus­ge­rich­te­te PV-Anla­ge, die den Nach­barn blen­det, unzu­läs­sig sein und dem Nach­barn Unter­las­sungs­an­sprü­che ein­räu­men. Die Posi­ti­on und Instal­la­ti­on der PV-Anla­ge soll­te daher gut über­legt sein. Die Mög­lich­kei­ten der Nach­barn, die PV-Anla­ge zu ver­hin­dern, sind aber äußerst ein­ge­schränkt.

Schwie­ri­ger ist die Errich­tung einer PV-Anla­ge im Woh­nungs­ei­gen­tum. Da durch eine PV-Anla­ge die schutz­wür­di­gen Inter­es­sen ande­rer Woh­nungs­ei­gen­tü­mer beein­träch­tigt sein kön­nen, ist die Zustim­mung der ande­ren Woh­nungs­ei­gen­tü­mer ein­zu­ho­len. Nach­dem bekann­ter­ma­ßen Ein­stim­mig­keit im Woh­nungs­ei­gen­tum Sel­ten­heits­wert hat, hat der Gesetz­ge­ber Abhil­fe geschaf­fen:

Bei einem Ein­fa­mi­li­en­haus im Woh­nungs­ei­gen­tum (zB in einer Rei­hen­haus­an­la­ge) darf der ein­zel­ne Haus­ei­gen­tü­mer auf sei­nem Dach eine PV-Anla­ge anbrin­gen. Er hat vor­weg ledig­lich die ande­ren Woh­nungs­ei­gen­tü­mer schrift­lich zu ver­stän­di­gen. Wider­spricht kein Woh­nungs­ei­gen­tü­mer bin­nen zwei Mona­ten, so gilt gemäß § 16 Abs. 5 WEG die Zustim­mung als erteilt. Soll­te ein Woh­nungs­ei­gen­tü­mer wider­spre­chen, so kann die Zustim­mung gericht­lich ersetzt wer­den. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass der Gesetz­ge­ber die Anbrin­gung von PV-Anla­gen durch die letz­te Novel­le des WEG noch ein­mal erleich­tern woll­te und daher auch die Zustim­mung gericht­lich leich­ter ersetzt wer­den kann.

Will der Eigen­tü­mer eines Woh­nungs­ei­gen­tums­ob­jekts in einem Mehr­par­tei­en­gebäu­de eine PV-Anla­ge am gemein­schaft­li­chen Dach anbrin­gen, so führt an der Ein­stim­mig­keit kaum ein Weg vor­bei. Das Dach eines Gebäu­des mit meh­re­ren Woh­nungs­ei­gen­tums­ob­jek­ten stellt näm­lich eine all­ge­mei­ne Flä­che dar. Die Nut­zung steht allen Eigen­tü­mern gemein­sam (und nicht nur dem Errich­ter der PV-Anla­ge) zu. Die ande­ren Woh­nungs­ei­gen­tü­mer haben einen Nach­teil, da sie die all­ge­mei­ne Flä­che auf Dau­er nicht mehr nut­zen kön­nen. Die Gerich­te waren in der Ver­gan­gen­heit in sol­chen Fäl­len sehr zurück­hal­tend und haben nur sel­ten die feh­len­de Zustim­mung ein­zel­ner Woh­nungs­ei­gen­tü­mer ersetzt.

Eine Lösung ist die Suche nach ver­bün­de­ten Woh­nungs­ei­gen­tü­mern. Gelingt es näm­lich, eine Mehr­heit im Haus zu bil­den, so kann die Anbrin­gung der PV-Anla­ge als Ver­wal­tungs­maß­nah­me beschlos­sen wer­den. Die­ser Beschluss bin­det auch die über­stimm­te Min­der­heit. In die­sem Fall tra­gen alle Woh­nungs­ei­gen­tü­mer gemein­sam die Kos­ten für die PV-Anla­ge und es kommt der gewon­ne­ne Strom auch allen Woh­nungs­ei­gen­tü­mern zusam­men zu Gute.

Exkurs: Das Erneu­er­ba­re-Wär­me-Gesetz
Seit län­ge­rem schon gibt es den (teil­wei­se hef­tig kri­ti­sier­ten) Ent­wurf des Erneu­er­ba­re-Wär­me-Geset­zes (EWG). Nicht nur der Ent­wurf des EWG son­dern die teil­wei­se auch berech­tig­te Kri­tik dar­an muss an die­ser Stel­le erwähnt wer­den.

Mit dem EWG will der Gesetz­ge­ber die Still­le­gung aller Heiz­an­la­gen, die mit fos­si­len Brenn­stof­fen betrie­ben wer­den, bis spä­tes­tens 2040 durch­set­zen. Wie man jedoch oben erkennt, sind die Mög­lich­kei­ten des Ein­zel­nen im Woh­nungs­ei­gen­tum beschränkt. Das EWG kann und wird daher nur die gesteck­ten Zie­le errei­chen, wenn Begleit­maß­nah­men im MRG und WEG beschlos­sen wer­den. Andern­falls wür­de der ein­zel­ne Woh­nungs­ei­gen­tü­mer zwi­schen den Müh­len (feh­len­de Zustim­mung der ande­ren Woh­nungs­ei­gen­tü­mer einer­seits und ver­pflich­ten­de Umrüs­tung des Heiz­sys­tems ande­rer­seits) zer­mah­len wer­den.

Zusam­men­fas­sung
Im Ergeb­nis stellt eine PV-Anla­ge eine gute Mög­lich­keit dar, um unge­nütz­te Flä­chen für die Gewin­nung von erneu­er­ba­rer Ener­gie brauch­bar zu machen. Die öffent­lich-recht­li­chen Geneh­mi­gungs­pflich­ten sind in die­sem Zusam­men­hang eine über­wind­ba­re Hür­de. Der Errich­ter einer PV-Anla­ge soll­te sich nur über die län­der­spe­zi­fi­schen Bestim­mun­gen genau infor­mie­ren. Im Woh­nungs­ei­gen­tum gestal­tet sich die Errich­tung einer PV-Anla­ge schon schwie­ri­ger. In vie­len Fäl­len wird die Errich­tung einer Anla­ge auf dem Dach an der man­geln­den Zustim­mung der ande­ren Woh­nungs­ei­gen­tü­mer schei­tern. Ein Mehr­heits­be­schluss kann jedoch eine Lösung darstellen.n

Dank­sa­gung
Die­ser Arti­kel erscheint zum 74. Geburts­tag mei­nes Vaters, wel­cher seit Jahr­zehn­ten ein begeis­ter­ter Leser des Maga­zins ist. Nicht nur ein­mal kam es vor, dass mir mein Vater einen Bei­trag kopiert und nach Wien geschickt hat, weil die­ser für mich inter­es­san­te Infor­ma­tio­nen ent­hal­ten wür­de. Kaum über­ra­schend bin ich seit zehn Jah­ren mit Schwer­punkt im Immo­bi­li­en­recht tätig. Für die zahl­rei­chen Gesprä­che und Dis­kus­sio­nen und das wei­ter­ge­ge­be­ne Inter­es­se möch­te ich mich bei mei­nem Vater bedan­ken.

DER AUTOR:
Mag. Georg Männl
Rechts­an­walt und Part­ner in der Kanz­lei Gibel Zirm Rechts-
anwäl­te in 1010 Wien, Vor­tra­gen­der im Bereich des Immo­bi­li­en- und Wirt­schafts­rechts und Autor zahl­rei­cher Fach­pu­bli­ka­tio­nen