Wohnpolitik ist nicht Aufgabe von Architekten und Kulturvertretern. Leerstand ist kein Thema in der Bundeshauptstadt.
Die jüngste Initiative von Architekten und Kulturvertretern mit der Forderung nach Einführung von Leerstandsabgaben in Wien entpuppt sich als holpriger Versuch von „Vordenkern“, die sich in der Wohnraumdebatte positionieren wollen. Weder gibt es fundierte Zahlen, die die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme bestätigen noch erweist sich ein solches Vorhaben auf seriöse und realistische Weise als umsetzbar.
Wien hat laut Greenpeace die niedrigste Leerstandsquote
Es ist gerade einmal ein paar Monate her, dass Greenpeace mit einer eigenen Berechnung eine österreichweite Leerstandsquote von 4,7 Prozent ermittelt hatte. Nach deren Berechnungen hat Wien mit 3,4 Prozent die niedrigsten Leerstandsquote österreichweit. In der wissenschaftlichen Literatur liegt eine Leerstandsquote bis zu 5 Prozent in einer völlig normalen Bandbreite und ist systembedingt durch Ein- und Auszug von Mietern und notwendigen Adaptierungsarbeiten unvermeidbar. ÖHGB-Präsident RA Dr. Martin Prunbauer bringt es auf den Punkt: „Es muss so etwas wie einen natürlichen Leerstand geben. Ein Leerstand von 0 % ist gar nicht möglich.“
Definition und Erhebung von Leerstand
Bis heute fehlt eine allgemein anerkannte Definition, was unter Leerstand zu verstehen ist. Dass eine Wohnung eine Zeit lang leer steht, kann auf unzählige Gründe zurückzuführen sein: Beispielsweise Sanierung, Umbau, Mietersuche, ein langwieriges Verlassenschafts- oder Scheidungsverfahren, nicht gemeldeter Neben- oder Freizeitwohnsitz, Übersiedelung ins Alters- oder Pflegeheim, beruflich bedingte zeitweilige Abwesenheit u.v.m. Tatsächlich müsste ein derartiges Gesetz entsprechend viele Ausnahmen aufweisen. „Die Frage ist, was dann am Ende des Tages übrigbleibt“, kommentiert Prunbauer.
Als Folge einer umfassenden Palette an Gründen, warum eine Wohnung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen festgelegten Zeitraum leer steht, stellt sich die Frage, wie sich Leerstand seriös ermitteln lässt. Die Stromrechnung oder — gar wie nun vorgeschlagen — der produzierte Müll oder ein Blick ins Melderegister sind unseriös und entfalten allenfalls eine Indizwirkung, aber keine ausreichende Basis für eine Abgabenvorschreibung. Das hatte bereits das Finanzministerium konstatiert.
Datenchaos in den Ländern
Berichte aus den Medien vermitteln ein deutliches Bild über das bestehende Datenchaos in jenen Bundesländern, die bereits eine solche Abgabe haben. Diese kämpfen förmlich mit der schlechten Datenlage, es gibt sogar Gemeinden, die die Abgabe „ins Blaue“ vorschreiben, um zu sehen, wie die Menschen darauf reagieren. In Innsbruck wurden Eigentümer leerstehender Wohnungen aufgefordert, den Leerstand zu melden. Das Ergebnis ist bekanntlich überschaubar. Nicht ohne Grund haben einige Bundesländer wie etwa Kärnten und Oberösterreich bereits dankend abgewunken.
Erhebung ist Momentaufnahme und nicht enden wollendes Bürokratiemonster
Keine der bisher praktizierten Erhebungsmethoden konnte bisher überzeugen. Aber auch dann, wenn eine Methode gefunden wird, um auf seriöse Weise Leerstand zu erheben, handelt es sich nur um eine Momentaufnahme. Allein das würde Millionen an Steuergeldern verschlingen. „Doch damit ist es nicht getan“, warnt Prunbauer: „Die Ermittlung von Leerstand ist eine Sisyphusarbeit, die niemals enden wird und aufgrund der starken Fluktuation, die besonders in größeren Städten vorherrscht, laufend enorme Kosten verschlingen wird. „Dieser Irrsinn steht in keinem realistischen Verhältnis zum erwarteten Erfolg.“, so Prunbauer.
Gefährliche Auswüchse
Bedenkliche Diskussionen, um an günstigen Wohnraum zu gelangen, werden in Deutschland bereits geführt. Dort wird überlegt, wie man Menschen, die allein oder zu zweit zu viel Wohnfläche nutzen, mit einer Alleinwohnsteuer belegen kann (auch Mieter?), damit jüngere Familien in größere Wohnungen ziehen können. „Soll es künftig ein Wohnungsamt geben, das Menschen aus ihren zu großen Wohnungen ausweist?“ stellt sich Prunbauer die Frage.
Wohnraum mobilisieren? Dann aber bitte richtig!
Feststeht, dass in Wahrheit die strenge Regulierung des Mietrechts die Mobilisierung von Wohnraum behindert. Um nur ein Beispiel zu nennen: Eigentümer, die ihre Wohnung erst in ein bis zwei Jahren für das Studium der eigenen Kinder oder Enkelkinder oder die Unterbringung naher Angehöriger benötigen, wären aufgrund der zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes, welches eine Mindestbefristungsdauer von drei Jahren beinhaltet, zur Bezahlung der Abgaben gezwungen.