Auch wenn Leitungswasser hierzulande meist ausgezeichnete Qualität aufweist: In Hausinstallationen und Warmwasserversorgungsanlagen kann es zu einem kritischen Anstieg der Keimzahlen kommen. Besonders gefährlich sind Legionellen, die Verursacher der so genannten Legionärskrankheit.
Die frühen Anzeichen einer Legionärskrankheit sind wenig spezifisch: Manchmal kündigt sie sich mit Übelkeit, Kopfweh und Gliederschmerzen an. Manchmal setzt bei den Betroffenen auch spontan hohes Fieber ein. Das Hauptkennzeichen der Legionärskrankheit ist eine schwere Lungenentzündung mit den typischen Begleiterscheinungen wie Atemnot und Schmerzen beim Einatmen. Die Legionärskrankheit sollte möglichst früh mit Antibiotika behandelt werden. Unbehandelt drohen dauerhafte Folgeschäden; bei Menschen mit Vorerkrankungen der Lunge endet sie in vielen Fällen tödlich.
Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit AGES verzeichnet eine steigende Zahl gemeldeter Fälle von Legionärskrankheit in den letzten Jahren. Die Dunkelziffer ist nach Einschätzung von Medizinern hoch, da die Legionärskrankheit oft mit einer „gewöhnlichen“ Lungenentzündung verwechselt wird.
Auslöser der Legionärskrankheit sind Legionellen, eine Gattung stäbchenförmiger Bakterien, die im Wasser leben. Der wichtigste Krankheitserreger innerhalb dieser Gattung ist die Art Legionella pneumophila.
Enges Temperaturspektrum
Legionellen fühlen sich im warmen Wasser wohl. Bei 25 °C bis 40 °C finden sie ideale Wachstumsbedingungen vor. Die Bakterien können zwar auch unter 20 °C existieren, ihre Vermehrungsrate ist dann aber deutlich gebremst. Bei Temperaturen über 55 °C können sie sich nicht mehr vermehren und bei Temperaturen über 60 °C sterben sie ab. Legonellen sind natürlicher Bestandteil von Oberflächengewässern, kommen aber auch in feuchten Böden, in Blumenerde und in Kompost vor. Dort sind sie großteils ungefährlich. Infektionen über Blumenerde sind zwar bekannt, treten aber nur selten auf.
Stagnation führt zu Vermehrung
Wirklich kritisch sind Legionellen im Trink- und Brauchwassersystem. Rohrleitungen mit Kalkablagerungen und der so genanntem Biofilm – eine schleimige Substanz aus Kolonien von
Mikroorganismen, die sich im Rohrinneren ablagert – begünstigen die Keimvermehrung. Ebenso Rohrleitungen, die längere Zeit nicht durchflossen werden, in denen also das Wasser steht. Das ist mit ein Grund, weshalb es im Laufe der Covid-Epidemie zu einem Anstieg der Infektionsfälle kam: In der Zeit der Quarantäne gab es viele Leerstände. Büros und andere Arbeitsstätten blieben oft wochenlang unbenutzt. Das führte zu einer Stagnation in den Trink-und Brauchwasserleitungen und in Folge zu einer Vermehrung der Legionellenzahl in den Rohren.
Es ist zu beobachten, dass die Zahl der Fälle von Legionärskrankheit in den Sommer- und Herbstmonaten regelmäßig zunimmt. Dies ist zum einen auf Infektionen im Ausland während der Urlaubsaison zurückzuführen. Zum anderen aber auch auf einen Anstieg der Legionellenvermehrung in Wohnhäusern während der warmen Jahreszeit.
Einatmen macht krank – trinken ist ungefährlich
Legionellen müssen inhaliert werden und in die Lunge gelangen, um Menschen zu infizieren. Das Verschlucken von legonellenhaltigem Wasser ist hingegen unbedenklich. Im Magen können die Bakterien keine Wirkung entfalten, weil sie zuvor von der Magensäure abgetötet werden. Zur Infektion kommt es, wenn das kontaminierte Wasser zerstäubt wird, also in feinen Tröpfchen in die Luft gelangt, und eingeatmet wird. Diese so genannten Aerosole bilden sich beispielsweise beim Duschen, in Auto-
waschanlagen oder über Whirlpools. Die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch ist ausgeschlossen.
Hausinstallationen als Brutschrank
Bernd Jenewein, Geschäftsführer der ARGE Umwelt-Hygiene, schätzt die Trinkwassersituation und Trinkwasserqualität in Österreich aktuell als gut ein. Trinkwasser fließt in großen Leitungen und relativ schnell zu den Verbrauchern und ist deshalb kaum mit Legionellen belastet. Dennoch treten immer wieder Legionellen-bedingte Krankheitsausbrüche auf Schuld daran sind meist Hausinstallationen, die als „Brutschrank“ für Legionellen fungieren: Dann nämlich, wenn es zu Stagnationen in der Leitung kommt, und wenn das Wasser in den Leitungen das Temperaturoptimum von 25 °C bis 45 °C erreicht.
In Gebäuden wird der Wassers aufgeteilt in ein Warmwasser- und ein Kaltwassersystem. Um Legionellenwachstum zu verhindern, muss darauf geachtet werden, dass die Temperatur des Kaltwassers nicht über 25 °C steigt. Im Warmwassersystem hingegen soll die Temperatur stets über dem Temperaturoptimum für Legionellen liegen – inklusive Toleranzen bedeutet dies: über 55 °C. Zu achten ist hier insbesondere auf ausreichende Isolation der Rohrleitungen. Sonst kann es passieren, dass bei Erhöhung der Temperatur des Warmwassers auch Kaltwasser miterwärmt wird – was es zu vermeiden gilt.
In größeren Gebäuden gibt es des Öfteren Leitungen, die im Normalbetrieb nicht durchströmt werden. Das können Feuerlöschleitungen sein, die nicht mit Netztrenner vom Wassersystem abgekoppelt sind. Diese Totleitungen sind dafür prädestiniert, dass es hier zu einem Legionellenwachstum kommt. Da Legionellen Geiseln haben, sich also autonom fortbewegen können, fällt es ihnen relativ leicht, aus diesen toten Winkeln in die Hauptwasserleitung zu gelangen.
Um sich zu vermehren, sind Legionellen auf verfügbares Eisen angewiesen. Wenn sich Biofilm auf der Innenseite von Rohrleitungen anlagert, entsteht dadurch ein saures Milieu. Die Säure greift verzinkte Rohrleitungen an. Das Zink löst sich, Eisen wird frei und trägt zur Vermehrung von Legionellen bei.
Wärmepumpen arbeiten am effizientesten mit niedrigen Vorlauftemperaturen. Das kann zu Konflikten mit der geforderten Warmwassertemperatur von über 55 °C führen; dann nämlich, wenn die Wärmepumpe – die mit niedrigen Temperaturen arbeitet – auch die Warmwasserbereitung übernehmen soll. Die Zieltemperatur der Wärmepumpe (45 °C bis 55 °C) liegt zwar etwas über dem Temperaturoptimum von Legionellen. Aber erst ab 55 °C geht man davon aus, dass deren Vermehrung zur Gänze gestoppt ist und die Bakterien absterben. Bei Einfamilienhäusern ist das Problem gering, da der Wasserumsatz regelmäßig und relativ hoch ist, es kommt also kaum zu Stillstandszeiten. Anders bei Mehrfamilienhäusern ab drei oder vier Wohneinheiten.
Neue Norm für Trink- und Warmwasser
Am 12. Jänner 2021 ist ein neue EU-Trinkwasserrichtlinie in Kraft getreten. Sie hätte bis 21 Jänner 2023 in nationales Recht übernommen werden sollen. In Österreich gibt es noch keine gesetzliche Regelung, aber seit 15 April 2023 gilt die neue „Trink- und Warmwassernorm“ ÖNORM B1921. Sie ersetzt die bisherigen Normen B5019 und B5021. Sie regelt die mikrobiologischen Anforderungen an die Wasserbeschaffenheit von allen Trinkwasser-Erwärmungsanlagen und deren Überwachung.Mit Einhaltung dieser Norm ist die Gefahr einer Legionellenvermehrung minimiert. Sollte es dennoch zu einem Legionellenbefall kommen, gibt es die Möglichkeiten einer thermischen Desinfektion und einer chemischen Desinfektion. Bei der chemischen Desinfektion wird ein Desinfektionsmittel (etwa Chlordioxid) in das Wassersystem eingespeist. Bei der thermischen Desinfektion erfolgt eine Spülung mit über 70 °C heißem Wasser. Das hat den Vorteil, dass auch Totleitungen erreicht werden. Da Trinkwasserinstallationen aber üblicherweise nicht für diese Temperaturen ausgelegt sind, ist diese Maßnahme lediglich eine Lösung für den Anlassfall. Es wird nicht empfohlen, sie präventiv durchzuführen.
Quellen: AGES, TECHEM