Städtische Innenhöfe können mehr sein als nur Abstellplätze für Mülltonnen. Mit ein wenig gärtnerischem Geschick werden sie zu grünen Inseln im städtischen Grau. Zum Wohle der Natur, zum Wohle des Stadtklimas und nicht zuletzt zum Wohle der Hausbewohner.
Jeder, der schon einmal im Hochsommer aus einem schattigen Park oder Wald direkt auf eine große Asphaltfläche getreten ist, kennt den Effekt: Auf einen Schlag wird die Luft um mehrere Grad heißer. Es ist, als wäre man in eine andere Klimazone geraten. In der bebauten Stadt gibt es aber wenig Platz für kühlendes Grün. Oder?
Doch, es gibt sie: Orte – auch in dichtest verbauten Stadtvierteln – wo Platz für grünes Blattwerk ist, für blühende Stauden, Sträucher, Bäume und vielleicht für ein klein wenig Wildnis. Diese Orte befinden sich oft hinter verschlossenen Türen oder verbergen sich von der Straße aus uneinsehbar hinter Mauern. Es sind die Innenhöfe, die oft genug nur als Lichteinlass und als Abstellplatz für Müllcontainer dienen.
Grüne Lungen
Begrünte Innenhöfe tragen zu einem besseren Stadtklima bei. Gräser, Kräuter, Stauden, Büsche und Bäume verdunsten Wasser und kühlen damit die Umgebung. Sie beschatten den Boden, der sich dadurch weniger stark erhitzt. Das ist aber noch nicht alles. Durch ihre Atmung filtern Pflanzen die Luft. Schadstoffe lagern sich in den Blättern und anderen Pflanzenteilen an und werden so der Luft entzogen. Pflanzen mindern auch Lärm: Schallwellen brechen an den unregelmäßigen Strukturen der Vegetation und werden dadurch zerstreut. Innenhöfe können so zu richtigen Ruhezonen inmitten des Stadtgetümmels werden.
Gut für Tiere, Pflanzen, Menschen
Hinzu kommt der psychologische Effekt. Pflanzen haben nachgewiesenermaßen einen beruhigenden Einfluss auf Menschen. Bereits fünf Minuten in einer grünen Umgebung reichen, und die Pulsfrequenz sinkt, die Muskeln entspannen sich und der Stress nimmt spür- und messbar ab.
Nicht zu vergessen ist die ökologische Funktion von begrünten Innenhöfen. Nicht nur dass sie Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere bieten. Sie fungieren vor allem als Trittsteinbiotope. Viele Tiere wie Bienen und Schmetterlinge wandern auf der Suche nach Nahrung und Brutplätzen größere Strecken. Dadurch werden Populationen in verschiedenen Biotopen miteinander verbunden. Eine ökologische Notwendigkeit, die dem Erhalt der Art, der Artenvielfalt und der Stabilität der Population dient. Die Tiere können größere Strecken aber nur zurücklegen, wenn sie unterwegs irgendwo „Rast“ machen – um Nahrung und Wasser aufzunehmen oder um sich auszuruhen. Innenhöfe – so wie auch Dachgärten und sogar begrünte Balkone – dienen als solche Trittsteine.
Pflege und Verantwortung
Eines sollte man aber nicht vergessen: Ein begrünter Innenhof macht Arbeit. Nicht nur bei der Planung und bei der Anlage, sondern auch bei der laufenden Pflege. Letztere ist abhängig von der Gestaltung. Es müssen ja nicht unbedingt ornamentale Blumenbeete sein, aber auch ein naturnaher Garten braucht jemanden, der nach ihm schaut, der die Pflanzen bewässert und wenn notwendig zurückschneidet. Bei größeren Gehölzen ist zusätzlich der Sicherheitsaspekt zu berücksichtigen. Abgestorbene Äste können bei Sturm abbrechen und herunterfallen und dabei Schaden anrichten. Auch auf die Wurzeln der Bäume ist zu achten: Sie können Bodenbelag aufbrechen, zu Stolperfallen werden und im schlimmsten Fall Mauerwerk oder Versorgungsleitungen schädigen. Es sollte daher auf jeden Fall jemanden geben, der für das Grün im Innenhof verantwortlich ist. Das kann die Hausbesitzerin sein, ein engagierter Mieter oder auch der Hausbetreuer, der professionell die Pflege des Innenhofgartens übernimmt.
Boden, Wasser, Licht
Eine zweite Herausforderung: Städtische Innenhöfe sind Extremstandorte. Damit ist gemeint, dass es hier zu Temperaturextremen kommen kann, dass sie meist trocken sind und oft auch wenig Licht bekommen. Auch der Boden, der den Pflanzen zur Verfügung steht, ist meist nicht sehr tiefgründig. Am Anfang einer Innenhofbegrünung steht deshalb eine Bestandsaufnahe: Wieviel Platz steht überhaupt zur Verfügung? Gibt es einen Wasseranschluss, über den die Pflanzen bewässert werden können? Wo ist es schattig? Welche Stellen bekommen Sonne und sind für blühende Stauden oder lichtliebende Sträucher geeignet? Soll der Innenhof auch zum Aufenthalt einladen – zum Beispiel mit einem Sitzplatz im Schatten eines Baumes oder eines blühenden Strauchs – oder soll er eher „funktional“ begrünt werden? Gibt es „hässliche Ecken“, die durch Pflanzenbewuchs kaschiert werden sollen?
Für fast alle Situationen gibt es Lösungen. Ist es nicht möglich, wenigstens einen Teil des Innenhofes zu entsiegeln, so bieten sich Topfpflanzen an. Auch Kletterpflanzen wie Efeu, Geißblatt, Kletterhortensie oder Wilder Wein kommen mit wenig Platz aus. Sie brauchen nicht unbedingt offenen Boden, sie können auch in einem Pflanz-trog wurzeln. Efeu und Wilder Wein klettern von selbst, andere Kletterpflanzen wie Clematis oder Blauregen brauchen eine Rankhilfe, die am besten direkt an der Wand befestigt ist. Doch Achtung: Es stimmt zwar nicht, dass Kletterpflanzen Mauern schädigen; sie können aber vorhandene Schäden – blätternden Putz, Löcher in der Mauer – vergrößern. Angst vor Schimmel muss man hingegen keine haben. Im Gegenteil: Durch den anhaltenden Wasserstrom von den Wurzeln zu den transpierierenden Blättern halten Kletterpflanzen den Mauerfuß trocken
Wo Platz für ein Stauden- oder Strauchbeet ist, sollte man zu kompakt wachsenden, schattenverträglichen Sorten greifen. Geeignet sind z.B. Bergenie, Funkie, Rhododendron oder Fingerhut. Letzterer ist allerdings stark giftig; in Innenhöfen, in denen sich auch Kinder aufhalten, ist von Fingerhut und anderen Giftpflanzen – wie Goldregen oder Kirschlorber – abzuraten. Auf letzteren sollte man auch aus ökologischen Gründen verzichten. Kirschlorbeer breitet sich als invasive Pflanze mittels Samen oder deponiertem Grünschnitt stark aus und verdrängt heimische Pflanzen in der Natur.