Fern- und Nahwärme nehmen einen wichtigen Anteil an der Raumwärmebereitstellung ein. Die Technologie wird stetig weiterentwickelt, wobei Dekarbonisierung und Speicherung zwei der größten Herausforderungen sind.
Der Anteil der Haushalte am Endenergieverbrauch in Österreich beträgt mehr als ein Viertel. Ein Großteil davon machen Heizung und Warmwasserbereitstellung aus. In Hinblick auf Dekarbonisierung und steigende Energiekosten liegen hier beträchtliche Herausforderungen. Als Heizsysteme, welche in Zukunft in größerem Umfang herkömmliche Öl- und Gasheizungen ersetzen sollen, werden vor allem Wärmepumpen und Fernwärmesysteme in Diskussion gebracht.
Fernwärme ist vor allem in Ballungsgebieten verbreitet. Insgesamt werden rund 29 % aller Haushalte Österreichs mit Fern- oder Nahwärme versorgt. Der Anteil der Fernwärme in Wohngebäuden mit 20 und mehr Wohnungen liegt österreichweit bei 59 %, bei Gebäuden mit 10 bis 19 Wohnungen bei 45 %.
Lokal können sehr unterschiedliche Voraussetzungen für den Einsatz von Fern- und Nahwärme vorliegen. Unter anderem spielt die Siedlungsstruktur eine Rolle, die Auswirkungen auf die Leitungslänge (und damit auf Leitungsverluste) hat. Auch die Nähe von holzverarbeitenden Betrieben, welche Hackschnitzel bereitstellen können, von Industriebetrieben, deren Abfälle und Abwärme genutzt werden, oder das Vorhandensein von Geothermie ist zu berücksichtigen. Das führt dazu, dass kaum ein Fernwärmesystem mit einem anderen vergleichbar ist. In Wien etwa werden ein Drittel der Haushalte mit Fernwärme versorgt. In Linz sind es bereits 72 %.
Anfang der 1990er Jahre wurden Fernwärmesysteme zu 50 % noch mit Öl und Kohle betrieben. Zu Beginn der Fernwärmeversorgung war Dekarbonisierung noch kein großes Thema. Vielmehr wurde Fernwärme forciert, um den Hausbrand – Einzelöfen mit Kohle und Öl in den Haushalten – zu reduzieren. Fernwärme trug damit wesentlich zur Verbesserung der Luftqualität bei. Der heutige Energiemix bei Fernwärme besteht aus 54,3 % biogenem Brennmaterial – darunter fallen Brennholz, Pellets, Hackschnitzel, Sägenebenprodukte, Rinde, Ablauge der Papierindustrie, Hausmüll-Bioanteil, Bioethanol, Biodiesel, Pflanzenöle, Deponiegas oder Klärschlamm. 22 % der Fernwärme werden mit Erdgas erzeugt, der Rest entfällt auf brennbare Abfälle und zu einem kleinen Teil auf Öl und Kohle. Ziel ist es, den Anteil der fossilen Energieträger – insbesondere den nicht unbeträchtlichen Anteil des Erdgases – zu reduzieren bzw. völlig zu ersetzen. So hat sich die LINZ AG zum Ziel gesetzt, den Anteil an Erneuerbaren an der Fernwärmeerzeugung bis zum Jahr 2040 auf 100 % zu erhöhen.
Fernwärme aus Kraft-Wärme-Kopplung – am Beispiel Linz
In Linz werden etwa 79.000 Wohnungen mit Fernwärme beheizt, hinzu kommen noch etwa 6.400 Wohnungen in Traun und Leonding. Bis 2025 sollen 90.000 Wohnungen ans Linzer Fernwärmenetz angeschlossen sein. Die Fernwärmeerzeugung erfolgt in den Kraftwerken der LINZ AG mittels Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in zwei Gas- und Dampfturbinenanlagen, einer Biomasseanlage und einer Müllverbrennungsanlage.
Generell werden in Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken Brennstoffe verbrannt, um Wasser zu erhitzten. Der dabei entstehende Dampf treibt Turbinen an, die mit Generatoren verbunden sind, welche Strom erzeugen.
Der Dampf gibt dadurch Bewegungsenergie ab. Aber er ist immer noch heiß unf muss herabgekühlt werden – klassisch geschieht dies mit Wasser aus Flüssen. Mit der Abwärme gehen in etwa 60% der eingesetzten Energie verloren.
Besser ist es, diese Abwärme zu nutzen, indem man sie in ein Fernwärmenetz einspeist. Mit der Nutzung der Abwärme aus der Stromerzeugung kann eine KWK-Anlage bis zu 90 % der eingesetzten Energie weitergeben, was bedeutet, dass die Brennstoffe etwa doppelt so effektiv genutzt werden als in herkömmlichen Anlagen. Der Wirkungsgrad eines kalorischen Kraftwerkes steigt durch eine Kraft-Wärme-Kopplung von rund 40 % auf bis zu 86 %. Die CO2-Emissionen können um etwa 30 % vermindert werden.
Das Prinzip der KWK kann mit jedem Brennstoff und jeder Wärmequelle mit einem Temperaturniveau ab ca. 200 Grad genutzt werden: fossile Brennstoffe wie Erdgas, aber auch Erneuerbare wie Biogas oder Biomasse oder Abfall (Müllverbrennung und Deponiegas). In Zukunft könnten auch synthetisch erzeugte, erneuerbare Brennstoffe (Power-to-Gas, Power
to-Liquid) eingesetzt werden. Das könnte vor allem für die Energiespeicherung eine große Rolle spielen, da diese Brennstoffe relativ einfach gebunkert werden können.
Neben der Abwärme fallen im Verbrennungsprozess auch Abgase an, die nach einem Reinigungsprozess über den Kamin entlassen werden. In diesen Abgasen steckt ein Rest Energie, der sich nutzen lässt. Im Fernheizkraftwerk Linz Mitte entsteht zurzeit eine Kombination aus Kondesationsanlage und Wärmepumpe, welche dieses Potenzial abschöpfen soll..
„Die Gase zu kondensieren und über Wärmepumpen zu nutzen, ist eine bewährte Technologie. Was es bei uns so speziell macht, ist, diese Technologie in einen bestehenden Anlagenpark zu integrieren“, erklärt dazu Mag. DI Josef Siligan, Energievorstand der LINZ AG. Mit diesem Projekt „Wärme-Wandler“ soll der Erneuerbaren-Anteil um 10 bis 15 % gesteigert werden. Fertigstellung und Inbetriebnahme sind für den Herbst 2027 geplant.
Die nächsten Schritte in Richtung Dekarbonisierung sind Maßnahmen zur Reduzierung des Erdgasanteils. Für Gas- und Dampfturbinenanlagen sind dazu alternative gasförmige Brennstoffe notwendig. Das kann Biomethan sein, aber auch „grüner“ Wasserstoff. Wichtig sei es, systemisch zu denken, betont Siligan. Vereinfacht gesagt: Angebot und Nachfrage an bzw. nach Wärme und Strom laufen nicht parallel. Ein Überschuss an Strom muss – wenn er nicht exportiert wird – irgendwo gespeichert werden. Hier kommt Wasserstoff ins Spiel. Dieser kann mit „überschüssigem“ Strom erzeugt und saisonal in großen Speichern gebunkert werden. Bei Bedarf wird dieser Wasserstoff wieder den Gas- und Dampfturbinenanlagen zugeführt, um erneut Strom zu produzieren.
Wie die Wärme in die Haushalte kommen
Fernwärme kommt über die Leitungsinfrastruktur in Form von heißem Wasser (80 °C in der warmen Jahreseziet, im Winter bis zu 130 °C) in die Haushalte. In den Übergabestationen wird Wärme in ein sekundäres Netz gespeist. Ein Wärmemengenzähler misst den Temperaturunterschied zwischen Vorlauf und Rücklauf, daraus wird die Wärmeenergie ermittelt, die den Haushalten geliefert wurde.
Das sekundäre System in den Haushalten ist nicht an die Temperatur des Vorlaufs der Fernwärmeinfrastruktur gebunden; es kann mit unterschiedlichen Temperaturen arbeiten. Zum Beispiel verlangen Fußbodenheizungen nach einer niedrigeren Temperatur als Warmwasser im Badezimmer.
Siligan weist drauf hin, dass es in Linz noch etwa 2.000 Wohnungen mit Gasanschluss gibt. Das sei für den Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur eine Herausforderung. Da es kein Anschlussgebot gebe, können einzelne Wohnungsinhaber auch bei Vorhandensein eines Fernwärmeanschlusses weiterhin auf Versorgung mit Erdgas bestehen. Um das zu garantieren muss eine doppelte Leitungsinfrastruktur aufrechterhalten werden – eíne für Gas und eine für Fernwärme.
Ein besonderes Hindernis beim Umstieg auf Fernwärme sind Gasherde, die beim Tausch der Gasinfrastruktur gegen Fernwärme durch E‑Herde ersetzt werden müssen. Das Problem dabei: Nicht in jedem Haushalt ist der dafür notwendige 400-Volt-Anschluss vorhanden