Es ist eine große Herausforderung auf dem Weg zur Klimaneutralität, Gasetagenheizungen im Bestand durch Wärmebereitstellungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien zu ersetzen. Welche Möglichkeiten gibt es, damit es auch ohne Gas warm bleibt?
Vor wenigen Tagen ist das Erneuerbare-Wärme-Gesetz in Kraft getreten. Ein Ende der Gasheizungen im Bestand – wie ursprünglich geplant – ist darin nicht verankert. Statt dessen gibt es finanzielle Anreize zum Umstieg auf Erneuerbare Energien.
Allein in Wien werden an die 400.000 Wohnungen mit Gas beheizt. Doch was sind die Alternativen? Was ist technisch machbar?
Für eine Machbarkeitsstudie der Stadt Wien hat die MA 20 Energieplanung reale Wiener Gebäude unterschiedlichen Alters (Baujahr 1875 bis 1975) untersucht, die sich auch in punkto Bauklasse und Energieverbrauchswerte unterscheiden. Zusätzlich wurden sechs fiktive Referenzgebäude für die Studie herangezogen.
Die im Folgenden skizzierten Möglichkeiten, Gasetagenheizungen im Bestand zu ersetzen, basieren auf einer Präsentation von Studienautor DI DR. Peter Holzer vom IBR&I Institute of Building Research and Innovation. Sie gelten für ein Bestandsgebäude mit 20 Wohnungen zu je 70 m² WNF mit einer Heizlast inkl. Warmwasser von ca. 60 W/m2 WNF und einem Wärmebedarf von ca. 90 kWh/m2 Bruttogeschoßfläche.
Fernwärme
Der einfachste und kostengünstigste Weg, Gasetagenheizungen zu ersetzten, ist der Anschluss ans Fernwärmenetz. Voraussetzung ist, dass sich eine Fernwärmeleitung in Nähe der Wohnung befindet. Müssen längere Anschlussleistungen verlegt werden (über 15 Meter), fallen zusätzliche Kosten an.
Im Haus wird eine Fernwärme-Übergabestation mit Lastenausgleichsspeicher installiert. Über Steigleitungen gelangt die Wärme zu den einzelnen Wohnungsstationen, welche die bisherigen Gasetagenheizungen ersetzen.
Luft-Wärmepumpe
Wo ein Fernwärmeanschluss nicht vorhanden ist, bietet sich eine Luft-Wasser-Wärmepumpe als realistische Lösung an. Eine zentrale Luft-Wasser-Wärmepumpe liefert über einen Ausgleichsspeicher und (neu zu ziehende) Steigleitungen Wärme in die einzelnen Wohnungen. Der Platzbedarf für eine Wärmepumpe ist überschaubar: Eine Wärmepumpe mit bis 100 kw hat eine Dimension von etwa 5 m x 1,5 m x 2 m. Damit die Vibrationen während ihres Betriebs gedämpft werden, muss sie schwingend gelagert werden.
Hinzu kommt eine Außeneinheit, für die (für ein Haus mit rund 4.400 m²) etwa 10 m² Aufstellfläche eingeplant werden müssen. Es ist zu bedenken, dass die Außeneinheiten Geräusche verursachen – es ist also nicht egal, wo sie aufgestellt werden. Der Schallleistungspegel liegt bei 50 bis 70 dB – das entspricht einer Lautstärke, die zwischen dem Betriebsgeräusch eines Kühlschrankes und einer in normalem Umgangston geführten Unterhaltung liegt. Je leiser die Wohngegend ist, umso störender wird dieses Geräusch wahrgenommen. Abhilfe zu schaffen ist möglich, indem man entweder das Gerät einhaust oder indem mehrere kleinere Außenteile aufgestellt werden, die aufgrund ihres geringeren Luftdurchsatzes auch weniger Lärm verursachen. Platzbedarf und Lärmentwicklung machen es unter Umständen sinnvoll, Wärmetauscher auf das Dach zu montiert, wo sie die herkömmlichen Rauchfänge ersetzten.
In den Wohnungen werden kleine, wandgehängte Wärmeverteiler mit einem Frischwasser-Wärmetauscher und Abgangsleitungen für die Heizsysteme installiert. Ein nicht zu vernachlässigender Kosten- und Aufwandsfaktor sind Heizkörper. Eventuell können nach einer Haussanierung die vorhandenen Hochtemperatur-Heizkörper mit Niedrigtemperatur betrieben werden. Ansonsten führt kein Weg an einem Tausch der Heizkörper vorbei. Sie werden ersetzt durch größere Niedrigtemperaturheizkörper, tiefere Plattenradiatoren oder gebläseunterstützte Wärmepumpenkonvektoren. Unter Umständen müssen auch die Zuleitungen zu den Heizkörpern ersetzt werden, weil deren Querschnitt für die erforderliche Durchflussmenge nicht ausreicht.
Kühlen mit der Luft-Wärmepumpe
Ein Zusatznutzen der Luft-Wasser-Wärmepumpe ist, dass sie zur Kühlung von Innenräumen genutzt werden kann. Aus ökonomischen und ökologischen Gründen sollte dabei die der Raumluft entzogene Wärme zur Warmwasserbereitung genutzt werden, anstatt sie als „thermischen Abfall“ an die Außenluft abzugeben.
Erd-Wärmepumpe
Die effizienteste, aber auch teuerste Lösung ist eine zentrale Erdwärmepumpe kombiniert mit einem (kleineren) Sole-Luft-Wärmetauscher. Ein Erdwärmesondenfeld entzieht dem Erdreich Wärme, die zur Heizung des Gebäudes genutzt wird. Pro Quadratmeter Nutzfläche geht man von etwa 0,7 m Sondenlänge aus. Der zusätzliche Sole-Luft-Wärmetauscher dient zur Versorgung der Wärmepumpe im Sommer, wenn die Außenluft wärmer ist als das Erdreich. Wie bei der Luft-Wärmepumpe sind Steigleitungen zu ziehen, und die Gaskombithermen in den Wohnungen werden durch Wohnungs-
stationen ersetzt.
Dass es durchaus möglich ist, auch im Bestand Erdsonden zu legen, zeigt das Pilotprojekt „Smart Block Geblergasse“ in Wien. In einem Häuserblock im 17. Wiener Gemeindebezirk wurden 18 bis zu 100 Meter tiefe Bohrungen für Erdsonden vorgenommen. Dies war mit zusammenklappbaren Mini-Bohrgeräten möglich, welche den Hof über eine lediglich 1,60 Meter breite und 2,80 Meter hohe Einfahrt erreichten.
Dezentrale Wärmepumpe
Bei dieser Variante werden die Kombigasthermen in den einzelnen Wohnungen durch dezentral Kleinst-Wärmepumpen (3 bis 4 kw) mit Bereitschaftsspeicher ersetzt. Die Wärmepumpen sind über eine Steigleitung mit einem Erdsondenfeld oder einem Luft-Wärmetauscher verbunden. Lauwarmes Wasser wird im Haus verteilt, aus dem jede Wärmepumpe ihre Wärme für die jeweilige Wohnung bezieht. Diese dezentrale Lösung ist vor allem für Wohnungseigentum gedacht. Sie ist allerdings hochpreisig und doppelt so teuer wie zentrale Lösungen.
Gemeinschaftstherme
Bei einer Gemeinscchaftstherme werden die Gaskombithermen der Wohnungen durch Anbindungen an eine Gemeinschaftstherme ersetzt. Diese kann z.B. auf dem Dachboden installiert werden. Die Zu- und Ableitungen von der zentralen Therme in die Wohnungen werden durch die bestehenden Kamine gezogen, die nun nicht mehr benötigt werden. Die vorhandenen Heizkörper können weiter verwendet werden. Für die Warmwasserbereitung werden Elektro-Warmwasserspeicher installiert. In einem nächsten Schritt kann die Gemeinschaftstherme durch ein System mit alternativen Energieträgern ersetzt werden.
Fazit
Technisch ist der Tausch von Gas-Etagenheizungen durchaus möglich. Voraussetzung für die meisten Varianten ist eine Zentralisierung der Wärmeversorgung, was bei Wohnungseigentum nur im Zuge einer Wohngemeinschaftsentscheidung möglich ist. Der Vorteil für Vermieter ist, dass der Aufwand der Wartung kalkulierbar bliebt – so müssen keine Gaskombithermen in den Wohnungen mehr ersetzt werden. Argumente für Bewohner sind Kostensenkung bzw. Kostenneutralität beim Heizen, weniger Wartungsaufwand (keine Anwesenheit bei Wartungsarbeiten) und erhöhte Sicherheit (keine Gefahr einer CO-Vergiftung).
Die Unsetzung ist jedoch schwierig in Hinblick auf die Leitungsführung und die Zustimmung der Mieter.